In Konzernstrukturen – und zwar auf allen Management-Ebenen – ist man oft mit Entscheidern konfrontiert, die die komplexen und schnellen Online-Technologien nur zögerlich in ihren Business-Alltag übernehmen. Es ist vollkommen verständlich, dass das obere und das Top-Management zu einem großen Teil mit der Entwicklung von Strategien und der Umsetzung dieser Strategien beschäftigt ist. Der CEO eines Konzerns ist schon ein wenig wie der Kapitän eines Flugzeugträgers, der einer strategischen Mission folgt.

Wenn diese Manager über innovative und bisweilen auch kreative Ideen entscheiden sollen, die an sie herangetragen werden, stellt sich die Frage, wie man eine gemeinsame Sprache finden kann, um diese Innovationen in ihr strategisches Denken zu implementieren.

Guenther Dueck, Arbeitsphilosoph und mein Held des Alltags, hat die heutige Situation mit dem Wandel unserer Gesellschaft, Bildung und Arbeitswelt zum Zeitpunkt der Industriealiserung Anfang des 19. Jahrhunderts verglichen.

Mit Beginn der Industriealisierung haben nach seiner Theorie die “Bauern” die Oberhand bekommen und bestimmen weitesgehend bis heute die Arbeitswelten. Der Bauer bestellt die Felder und erntet ein paar Monaten später. Darauf ist sein Schaffen ausgerichtet, Tag für Tag, klar reglementiert und strukturiert. Er folgt in seinem Arbeiten einer klaren Struktur, die sich an die vorhandenen Gegebenheiten anpasst, er hat klar geregelte Prozesse, die er einhalten muss. Das kam der Fließband-orientierten Industriealisierung sehr gelegen.

Im Gegensatz dazu gab es noch die “Jäger”. Wenn der Jäger Hunger hatte, ging er mit seinen dafür optimierten Sinnen in den Wald, erlegte ein Tier und hockte sich am Abend satt ans Lagerfeuer. Seine Planungen waren eher nicht strategischer, sondern mehr taktischer Natur.

Das der Industrialisierung dienende und bis heute existierende Bildungssystem identifiziert schon während der Erziehung die Jäger als Störenfriede und passt diese an– soweit es möglich ist. (Dazu hier ein sehr interessantes Buch)

Heute werden die Bauern wiederum durch einen neuen Typen verdrängt: Dueck nennt ihn “e-Men”, digital Natives, die zu Digital Professionals geworden sind. Netzaffine, kreative, offen denkende Menschen, die mit Tablet und Smartphone geschultert die bisherigen Innovationsprozesse revolutionieren.

Die immer kürzer werdenden Produktzyklen, die Entwicklungen völlig neuer Technologien und Kommunikationskanäle sind auf neue Arbeitswelten angewiesen. Der Bauer hat eine Arbeitswelt erschaffen, die heute stark optimiert und in immer wieder gleich ablaufende und kleinteilige Prozesse automatisiert ist. Optimal also, um durch Computer ersetzt zu werden. Die Digital Professionals, die e-Men aber, die die neuen Technologien begreifen, anwenden und weiterentwickeln, denken in neuen Maßstäben und sprechen eine andere Sprache. Sie sind die Störer in den eingeschliffenen Prozessen. Sie sind es, die das Internet wie selbstverständlich nutzen. Das zeigt, dass das Internet und Social Media nicht gefährlich für unsere Kinder sind, sondern nur für die, die nicht damit aufgewachsen sind.

Unterschiedliche Denkweisen müssen einen gemeinsamen Nenner finden, damit Sie nicht im Gegeneinander wertvolle Ressourcen verschwenden. Das Management eines Konzerns muss das Core-Business weiter erfolgreich gestalten. Dennoch hat es auch die Verantwortung, Bereiche für das mit deutlich mehr Risiko behaftete Business der Digital Professionals zu schaffen, ohne dass diese den Konzern gefährden.

Bis die Digital Professionals Stakeholder eines Konzerns werden, braucht es noch einige Jahre. Bis dahin werden in den Konzernen immer mehr Übersetzer  benötigt, die als Schnittstellen zwischen alter und neuer Geschäftswelt agieren.

Stakeholder müssen vertrauen, zuhören und bereit sein für den Wandel, der unaufhaltsam ist.